Alkoholiker töten sich oft mit Medikamenten
Ein eingeschränkter Zugang zu Medikamenten könnte Suizide verhindern.
Menschen mit chronischen Alkoholproblemen begehen häufiger Suizid als die Allgemeinbevölkerung. Und sie töten sich öfter mit Medikamenten als andere gefährdete Gruppen. Dies fanden Forschende heraus, als sie sämtliche zwischen 2000 und 2010 erfassten Suizide in der Schweiz untersuchten, zu denen es Angaben über die Blutalkoholkonzentration zum Todeszeitpunkt gibt. In über einem Drittel dieser Fälle hatten die Verstorbenen kurz vor dem Tod getrunken. Und von diesen Menschen litten laut Krankengeschichten wiederum drei Viertel unter einer Alkoholkonsum-Störung, wie der medizinische Fachausdruck lautet.
Für Thomas Reisch vom Psychiatriezentrum Münsingen, der die Studie mitveröffentlicht hat, ist das nicht überraschend. Ebenso wenig, dass in dieser Gruppe die Arzneimittelvergiftung eine besonders häufige Methode des Freitods ist: «Für viele Alkoholkranke ist der Konsum von Medikamenten etwas sehr Gewohntes, weil sie in intensiver medizinischer Behandlung sind.» Aus demselben Grund seien sie auch oft im Besitz von Präparaten, die sich für einen Suizid eignen.
Genau hier sehen die Autoren einen möglichen Präventionsansatz: «Schränkt man den Zugang zum Tötungsmittel ein, könnten viele Suizide verhindert werden», ist Reisch überzeugt. Deshalb sollten Ärztinnen und Ärzte bei Menschen mit chronischen Alkoholproblemen bestimmte Wirkstoffe wie Benzodiazepine möglichst zurückhaltend verschreiben. Denkbar wäre, diese Medikamente nur unter Aufsicht direkt beim Arzt oder in der Apotheke einnehmen zu lassen – oder sie nur in sehr kleinen Packungsgrössen abzugeben.
Stéphane Praz