Netzwerke im Krieg
Auf dem Weg zum Frieden bringt es mehr, einzelne Parteien vom Rückzug zu überzeugen, als Waffenlieferungen an einzelne Gruppen zu verbieten.
Die jüngsten Bürgerkriege in Afrika und im Nahen Osten unterscheiden sich fundamental von den Konflikten während des Kalten Kriegs: Statt zweier Lager, die von Grossmächten unterstützt werden, sind in den aktuellen Konflikten oft Dutzende von Parteien beteiligt, die sich zu wechselnden taktischen Allianzen zusammenschliessen. Entsprechend vielfältig sind die politischen Optionen zur Befriedung. Aber welche Massnahmen bringen den gewünschten Erfolg? Der Ökonom Michael D. König von der Universität Zürich hat Modelle entwickelt, die das Verständnis von Netzwerken bei der Entstehung solcher Konflikte, aber auch von Forschungskollaborationen und Wertschöpfungsketten verbessern.
Sie tragen dazu bei, die Effizienz von politischen Massnahmen auszuloten. Am Beispiel des Zweiten Kongolesischen Bürgerkriegs (1998–2003) zeigt König, wie sich Netzwerke und das Verhalten der beteiligten Akteure – 80 militante Gruppen – gegenseitig beeinflussen. So nimmt zum Beispiel die Kampfintensität einer Gruppe zu, wenn deren Alliierte ihr Engagement während einer Regenperiode reduzieren oder wenn deren Gegner ihre Kampfanstrengungen erhöhen. Ein Verbot von Waffenlieferungen an eine Gruppe kann zwar deren Aktivität um bis zu 60 Prozent reduzieren, nicht zwingend aber die Gesamtzahl der Kämpfe, weil die Alliierten dann umso intensiver kämpfen. «Erfolgreicher sind Verhandlungen, die zum Austritt bestimmter Kriegsparteien führen», erklärt Michael D. König. «Bei einem Rückzug aller ausländischen Gruppen reduziert sich gemäss unserem Modell die Zahl der Kampfhandlungen um 41 Prozent.» So belege das Resultat die kriegstreibende Rolle der Nachbarstaaten.
Nicolas Gattlen