Beton: Experiment missglückt, schönes Bild geglückt
Eine Fehleinstellung, ein zerbrochener Betonblock und ein schönes Bild, das die Unwägbarkeiten des Laborlebens zeigt.
Irren ist menschlich. Das gilt auch – oder ganz besonders – in der wissenschaftlichen Forschung. Dieser zerbrochene Betonblock zeugt von einem missglückten Experiment. «Wir waren noch in der Vorbereitung für unsere Arbeiten, bei denen die Probe oben und unten fest an Metallplatten angeklebt wird», erklärt Max Tirassa vom Institut für Bauingenieurwissenschaften der EPFL. «Dazu muss während zehn Minuten ein konstanter Druck ausgeübt werden. Die Presse war jedoch nicht richtig eingestellt, und der Betonblock brach.» Fasziniert von den entstandenen Rissen verewigte der Doktorand den schief gelaufenen Versuch mit seinem Mobiltelefon. «Damals dokumentierte ich oft, was ich im Labor machte. Heute bin ich etwas selektiver …»
Ironischerweise sollte in dieser Studie der Betonblock tatsächlich beschädigt werden, aber auf eine andere Art. «Früher oder später tauchen bei Gebäuden immer Risse auf», erläutert der Wissenschaftler. «Wir möchten herausfinden, wie sie sich auf die Übertragung der Kräfte im Inneren des Betons auswirken. Eine sehr wichtige Frage, wenn es um die Stabilität von Bauten geht.» Zur Simulation der Risse sägen die Forschenden dazu die Probe von zwei Seiten horizontal ein, wobei in der Mitte eine intakte Säule bestehen bleibt – ein «Hundeknochen», wie diese Struktur im Jargon der Ingenieure heisst. Wenn der Block geklebt ist, wird er vertikalen und lateralen Kräften ausgesetzt, bis der Bereich zwischen den beiden horizontalen Spalten bricht.
«Ich mag dieses Bild, weil es einen oft vergessenen Aspekt des wissenschaftlichen Arbeitens zeigt: Trotz minutiöser Vorbereitung, die jedem Versuch vorausgeht, kommt es zu Fehlern. Aber die Wissenschaft kann von solchen Missgeschicken profitieren. Zuerst machte ich mir wegen dieses Vorfalls Vorwürfe, weil ich gerade erst mit meinem Doktorat begonnen hatte. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter beruhigten mich jedoch. In wissenschaftlichen Publikationen werden fast ausschliesslich Erfolge präsentiert. Das ist schade. Es müsste auch über Irrtümer berichtet werden, denn auch sie lehren uns etwas.»