Lawinengefahr dank Radar besser einschätzen
Forschende verstehen jetzt besser, was innerhalb einer Lawine geschieht, während sie den Hang herunterrollt. Vielleicht können dank der neuen Erkenntnisse dereinst Todesfälle verhindert werden.
Schneebretter, Nassschnee- und Staublawinen lassen sich gut einteilen, sobald sie einmal den Hang heruntergerutscht sind. Was allerdings während des Naturereignisses passiert, stellte die Forschenden bisher noch vor ein grosses Rätsel. Dafür müssen sie mit einem Radar durch den aufgewirbelten Schneestaub hindurch gucken. Nun haben Anselm Köhler und Betty Sovilla vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos Messungen mit einem eigens dafür entwickelten Gerät durchgeführt und damit eine neue Klassifikation erstellt.
In den Wintern zwischen 2009 und 2015 beobachteten sie im Vallée de la Sionne bei Arbaz im Wallis 77 Lawinen teils natürlichen, teils künstlichen Ursprungs. Das Radargerät Geodar registriert Schneeklümpchen ab einer Grösse von zwei bis zehn Zentimetern. Das neue Instrument erkennt zudem Strukturen und verfolgt deren Veränderungen in den Lawinen. Die Lawinen wurden zusätzlich mit Kameras und Sensoren für Fliessgeschwindigkeit, Schneedichte, Temperatur, Druck und Erschütterungen beobachtet.
Dank den Messungen entwickelten die Forschenden eine neue Klassifikation mit sieben «Fliessregimen» – also detaillierter als bisher. Zum Beispiel weisen die Forschenden nach, dass verschiedene Regime bei grossen Lawinen manchmal ineinander übergehen. Und sie zeigen, von welchen externen Faktoren – wie Temperatur oder Steigung – das abhängen könnte.
Dank ihrer Studie und den öffentlich zugänglichen Messdaten werden sich bessere physikalische Modelle von Lawinen entwickeln lassen, hofft Sovilla. Damit könnte künftig das Lawinenrisiko genauer eingeschätzt werden. Und so eine Einschätzung wiederum hätte vielleicht ein paar der 26 Todesfälle verhindern können, zu denen es im Winter 2017/2018 in den Schweizer Alpen kam.