Feuer und Flamme für Klärschlamm
Eine Waage, ein Algorithmus und chemische Reaktionen – mit ihnen lässt sich bestimmen, wie unser Klärschlamm verbrennt.
Jährlich entstehen in der Schweiz rund 200 000 Tonnen Klärschlamm, Tendenz steigend. Seit 2006 darf dieser Abfall gemäss Bundesverordnung nicht mehr als Düngemittel verwendet werden. Deswegen wird er heute primär verbrannt, wozu er zuerst aufbereitet werden muss. Im ersten Schritt wird ihm dabei Methan entzogen, das zur Energiegewinnung genutzt wird, im zweiten wird er getrocknet.
Bislang wusste man wenig darüber, welche Prozesse bei der Verbrennung ablaufen und wie sich deren Kinetik beschreiben lässt. Dies ändert sich mit der Studie von Jonas Wielinski, Doktorand in der Gruppe von Ralf Kaegi von der Eawag. Die Forschenden haben herausgefunden, dass sich die Verbrennung durch zehn chemische Reaktionen beschreiben lässt.
Dafür haben sie ein Gerät benutzt, das im Prinzip funktioniert wie eine sehr präzise Waage in einem Ofen. Das Ganze nennt sich thermogravimetrische Analyse. Dabei wurden die Schlammproben beliebigen Temperaturen und unterschiedlichen Atmosphären ausgesetzt. Die Forschenden wendeten zudem einen Algorithmus an, um die parallel ablaufenden Verbrennungsreaktionen zu bestimmen. Zusätzlich präsentierten sie eine Methode, mit der sich geeignete Referenzverbindungen bestimmen lassen.
Aus den beobachteten Reaktionen lässt sich schliessen, dass im Klärschlamm vor allem Zellulose und Lignin verbrennen. Sie machen zusammen 55 Prozent der bei der Verbrennung verlorenen Masse aus. Die Zellulose stammt in erster Linie von Toilettenpapier, das einer der Hauptbestandteile der organischen Abfälle in unserem Abwasser ist. Ausserdem wurden geringere Anteile von Hemizellulose, Xylan, Alginat und Calcit identifiziert.