Barsche sind nicht Opfer ihrer Gene
Die Konkurrenz vertreiben, den Nachwuchs beschützen – für solche Verhaltensmuster von Buntbarschen spielen Gene kaum eine Rolle.
Ähnlich wie viele Säugetiere haben manche Arten von Buntbarschen ein ausgeklügeltes Sozialverhalten entwickelt. Die Fische kümmern sich im Familienverbund um die Brut oder wehren sich gemeinsam gegen Feinde. Dass diese Verhaltensweisen kaum genetisch vorbestimmt, sondern vor allem durch die Umwelt beeinflusst sind, haben nun Biologinnen der Universität Bern herausgefunden.
Dazu haben sie über 380 Jungfische der Art Neolamprologus pulcher in drei verschiedenen Experimenten beobachtet. Das erste untersuchte das Konkurrenzverhalten: Die Fische mussten dabei ihren Unterschlupf gegen einen Artgenossen verteidigen. Im zweiten Experiment wurde aufgezeichnet, wie gut sich die Fische in eine Gruppe integrierten. Der dritte Versuch ermittelte, wie aktiv sie beim Angriff eines Raubfischs halfen, die Gruppe und die Brut zu schützen. Diese Beobachtungen verknüpften die Biologinnen mit dem Stammbaum der Versuchsfische, um den genetischen Einfluss zu ermitteln.
Das Ergebnis: Nur eine der Verhaltensweisen, nämlich das Helfen beim Raubfischangriff, erwies sich als teilweise erblich. Die anderen zwei – Integrationsfähigkeit und Konkurrenzverhalten – dagegen kaum. «Dass überhaupt ein Aspekt des Sozialverhaltens genetisch bedingt ist, hat uns überrascht», sagt die Erstautorin Claudia Kasper. Eine frühere Arbeit hatte gezeigt, dass auch die Kooperation bei der Brutpflege nur zu einem kleinen Teil in den Genen liegt. «Inzwischen wissen wir, dass komplexe Verhaltensweisen kaum erblich sind, sondern eine spezifische Reaktion auf die Umwelt darstellen», so Kasper. «Nur so können Lebewesen flexibel reagieren.»