Steinzeitknochen zeugen von sozialer Gemeinschaft
In einem Dolmengrab im Schweizer Mittelland wurden 2000 Knochenfragmente gefunden. Die Bauern vor 5000 Jahren waren 150 Zentimeter gross und halfen einander.
Schicht für Schicht sind Archäologen bereits in die Geschichte des Schweizer Mittellands vorgedrungen. Auf dem Schuttkegel des Mühlebachs in Oberbipp liegen heute der historische Dorfkern, die Vorgängerbauten der Kirche aus dem 8. Jahrhundert, ein frühmittelalterliches Gräberfeld und Überreste eines römischen Gutshofs. Als ein störender Steinblock auf der Wiese nahe des Bahnhofs entfernt wurde, kam eine rund 5000 Jahre alte, zwei Quadratmeter grosse Steingrabkammer mit sorgfältig ausgelegten Bodenplatten aus Jurakalkstein zum Vorschein. Die anschliessenden Ausgrabungen förderten über 2000 menschliche Knochenfragmente zutage.
Neue anthropologische Untersuchungen von Forschenden der Universität Bern ermöglichen nun einmalige Einblicke ins Leben der jungsteinzeitlichen Bauern am Jurasüdfuss. «Dolmengräber finden wir in der Schweiz und angrenzenden Gebieten einige, jedoch selten mit derart umfangreichen Skelettresten», sagt Studienleiterin Sandra Lösch. Anhand der Knochenund Zahnfunde konnte sie zusammen mit Inga Siebke und einem interdisziplinären Team mindestens 42 Frauen und Männer aller Altersklassen identifizieren, die ausgewachsen durchschnittlich 155 Zentimeter gross waren.
Die Analysen von Knochenveränderungen, verheilten Brüchen und Gelenkdeformationen liefern Hinweise über den Gesundheitszustand. Aus den Verletzungen schlossen die Forschenden auch auf das Sozialverhalten der damaligen Zeit: Die Betroffenen mussten im Alltag Hilfe von der Gemeinschaft erhalten haben. Anzeichen von Gewalttaten fehlen ganz. Kariesschäden an rund acht Prozent der Zähne liefern Hinweise zur Ernährung: Die Bauerngemeinschaft hat kohlenhydratreiche Kost zu sich genommen. Laufende Analysen sollen Aufschluss über die genauere Zusammensetzung des Speiseplans liefern.