Wenn Parasiten Fische befallen, wachsen weniger Algen
Von Würmern befallene Stichlinge haben keinen Appetit. Das hat Auswirkungen auf den ganzen See, bis hinunter zu den kleinsten Algen.
Parasiten beeinflussen nicht nur ihre Wirtsorganismen, sondern können auch ganze Nahrungsketten ins Wanken bringen. Dies haben Forschende vom Wasserforschungsinstitut Eawag gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus den USA, Grossbritannien und Portugal in einem gross angelegten Versuch nachgewiesen. Das Team hat einen Monat lang Stichlinge in grossen Wassertanks gehalten, die je 1000 Liter fassen. In zwanzig dieser Behälter waren die kleinen und in der Nordhemisphäre verbreiteten Fische vor dem Experiment mit einem Entwurmungsmittel behandelt und so weitgehend von Parasiten befreit worden. In zwanzig weitere Tanks kamen Fische ohne Behandlung. Sie waren von Parasiten wie Plattwürmern der Gattung Gyrodactylus befallen, die sich vom Kiemenschleim der Stichlinge ernähren. Fünf Behälter blieben als Kontrolle leer.
Die von Parasiten befallenen Stichlinge assen weniger Kleinkrebse und Insektenlarven als gesunde Fische. Und weil sich dieses Kleingetier (Zooplankton) von mikroskopisch kleinen Algen (Phytoplankton) ernährt, bedeutete mehr Zooplankton weniger Phytoplankton. Die Parasiten wirken sich also auf die Produktivität des gesamten Ökosystems See aus, wie die Forschenden mit Modellen errechnet haben. Auch die Herkunft der Stichlinge spielt eine Rolle – bei aus dem Bodensee stammenden Fischen war der Effekt grösser als bei Fischen aus dem Genfersee. Der Grund dafür ist möglicherweise ein unterschiedliches Jagdverhalten der beiden Raubfischpopulationen.
Eindeutige Handlungsanleitungen für die Praxis lassen sich aus den Ergebnissen nicht ableiten, meint Blake Matthews, der Letztautor der Studie. Aber: «Unsere Resultate tragen zu einem besseren Verständnis der komplexen Wechselwirkungen in einem See bei.»