KONSUMENTENSCHUTZ
Weniger Information ist auch nicht mehr
Kurze, verständliche Übersichten statt seitenlanges Geschwurbel: Auch dies ist keine Patentlösung, um über Anlagerisiken zu informieren.
In den vergangenen Jahrzehnten sind Produktinformationsblätter immer länger geworden. Das Offenlegen möglichst vieler Details scheint der naheliegendste Weg, um dem Informationsungleichgewicht zwischen Firmen und Konsumierenden entgegenzuwirken. Doch unsere Kapazität, Informationen zu verarbeiten, ist nicht grenzenlos. Umgekehrt besteht die Lösung aber auch nicht nur darin, knapper und klarer zu formulieren, wie der Rechtswissenschaftler Rainer Baisch am Beispiel von strukturierten Finanzprodukten für Kleinanlegende untersucht hat.
Die Finanzmarktregulatoren der EU haben mit viel Aufwand ein Basisinformationsblatt für solche Produkte entwickelt, das Finanzdienstleistende seit 2018 potenziellen Kundinnen und Kunden zur Verfügung stellen müssen: Es fasst auf maximal drei Seiten unter anderem die wichtigsten Kosten und Risiken knapp und anschaulich zusammen. Doch auch so, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Zürich, bleibe offen, ob die Konsumierenden solche Erläuterungen überhaupt lesen. Und ob sie diese auch verstehen. Selbst eine verständliche Sprache ändert nichts daran, dass es sich bei Finanzprodukten oft um komplexe Gebilde handelt. Sie sind ohne ein gewisses Verständnis für Zahlen und Wahrscheinlichkeiten schwer durchschaubar. Finanzexpertinnen und Gesetzgeber würden es sich da zu leicht machen mit dem Verweis: Steht ja alles da!
Nicht zuletzt seien Produktinformationen nur ein Faktor von vielen, die das Kaufverhalten beeinflussen: Wir lassen uns von Gefühlen leiten, schätzen Risiken häufig zu tief ein und unsere Kompetenzen zu gross. «Das Offenlegen von Informationen ist wichtig», sagt Baisch. «Aber es ist nicht die Allzweckwaffe, für die es gerne gehalten wird.» Bei Themen wie Altersvorsorge trügen allenfalls auch paternalistischere Ansätze zu einem effektiveren Schutz der Anlegenden bei: Gesetzliche Vorgaben oder steuerliche Anreize können dafür sorgen, dass ein grösserer Einkommensanteil zurückgelegt wird.