Michel Jeanneret möchte Blick Romandie auf die Innovation der EPFL fokussieren. | Foto: zVg

Die EPFL kündigte im Mai 2021 eine Zusammenarbeit mit Blick Romandie an. Die Online- Zeitung erhalte Zugang zu sämtlichen Publikationen der EPFL, und deren Professoren würden dort Kolumnen veröffentlichen. Zusammen wollen Medium und Hochschule mit künstlicher Intelligenz Texte vereinfachen. Die Konkurrenz beklagte umgehend den Verlust der journalistischen Unabhängigkeit. Chefredaktor Michel Jeanneret nimmt Stellung.

 

Michel Jeanneret, in Ihrer Redaktion gibt es keine Wissenschaftsjournalistinnen. Sind Sie deswegen mit der EPFL eine Partnerschaft eingegangen?

Es ist richtig, dass wir keine eigentlichen Wissenschaftsjournalisten haben. Zwei Mitglieder des Teams haben jedoch eine Naturwissenschaft studiert und sind in der Lage, die Materie zu verstehen und Informationen richtig einzuordnen. Aufgrund unserer beschränkten Ressourcen kann Wissenschaft bei uns nicht das Kernthema sein. Trotzdem wünschen wir uns mehr wissenschaftliche Inhalte. Auch deshalb arbeiten wir mit der EPFL zusammen.

Was bringt die Zusammenarbeit noch?

Wir erhalten wissenschaftliche Informationen und einen einfacheren Zugang zu den Expertinnen der EPFL. Das Kommunikationsteam der Hochschule leistet hervorragende Arbeit, seine Artikel richten sich aber an ein Fachpublikum und müssen mit etwas Abstand betrachtet werden. Wir müssen sie allenfalls in einen Kontext stellen und kritisch hinterfragen.

«Wissenschaft kann bei uns nicht das Kernthema sein.»

Legen Sie diese Partnerschaft in sämtlichen Artikeln offen?

Selbstverständlich. Ich will hier absolute Transparenz. Nur so können auch die Leserinnen Distanz haben. Ich wünschte mir, dass dies bei allen Medien so wäre. Wenn wir Inhalte von Kommunikationsabteilungen übernehmen, dann machen wir nur das offiziell, was andere Medien auch machen, ohne dass diese es aber offenlegen. Die Kritik an uns ist deshalb unbegründet.

Werden Sie auch die Medienmitteilungen der übrigen Westschweizer Universitäten übernehmen?

Im Moment nicht. Der EPFL-Präsident, der Kommunikationsverantwortliche und ich sind seit Jahren in Kontakt. Diese Partnerschaft ist ein Versuch, mit dem wir Themen wie Start-ups und Innovation abdecken können, was ich sehr interessant finde. Das wäre bei anderen Hochschulen, zum Beispiel in den Geisteswissenschaften, weniger der Fall.

Sie setzen ausserdem auf künstliche Intelligenz. Wollen Sie damit die Journalisten ersetzen?

Natürlich nicht. Es geht dabei vor allem um Überlegungen, wie wir die Wissenschaft der breiten Öffentlichkeit näherbringen können. Die EPFL hat die Intelligenz, wir haben Inhalte. Das ist eine interessante Arbeitsbasis, die unsere jeweiligen Institutionen in aller Unabhängigkeit nutzen werden.