PERSÖNLICHKEIT
Beruflicher Erfolg macht offen für Neues
Eine langjährige Beobachtung zeigt: Der Aufstieg im Job macht tendenziell augeglichener und offener, aber auch ein bisschen ungesellig.
Der Charakter wirkt sich bekanntlich auf den Berufserfolg aus – doch umgekehrt können auch ein gutes Einkommen und viel Prestige Menschen in ihrer Persönlichkeit beeinflussen. Dies berichtet ein Psychologieteam der Universität Bern, das Berufskarrieren und kurze Persönlichkeitstests von fast 5000 Erwachsenen miteinander verglich.
Die Studie ging der Frage nach, wie berufliche Laufbahnen mit den Eigenschaften emotionale Stabilität, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit zusammenhängen – den sogenannten «Big Five» des etablierten psychologischen Persönlichkeitsmodells. Analysiert wurden die Daten einer repräsentativen Stichprobe aus Deutschland, jeweils dreimal innerhalb von acht Jahren.
Ergebnisse: Je höher der objektive berufliche Erfolg der Testpersonen – definiert durch die Höhe des Einkommens und das Prestige der Position –, desto offener waren sie gegenüber neuen Erfahrungen. Wer viel verdiente, betrachtete sich ausserdem als emotional stabil, also etwa als wenig anfällig für Stress. Überraschenderweise machte aber eine hohe Stellung im Job weniger extravertiert, zum Beispiel weniger gesellig. «Diese Menschen erhalten vermutlich genug positives Echo und fühlen sich unabhängiger von anderen», sagt Erstautor Andreas Hirschi, Professor für Psychologie und Laufbahnforscher. Die Resultate unterschieden sich weder nach Altersgruppe noch nach Geschlecht.
Wie neuere Forschungen zeigen, bleiben die in solchen Tests ermittelten Persönlichkeitsmerkmale nicht wie bisher gedacht ein Erwachsenenleben lang gleich, sondern können sich auch durch Erfahrungen verändern. «Für viele Menschen sind Berufserfolge so wichtig, dass sie auch ihre persönlichen Eigenschaften prägen», so Hirschi. Die gefundenen Effekte innerhalb der acht Jahre fielen zwar gering aus, waren aber statistisch nachweisbar und könnten sich laut den Studienautoren langfristig durchaus auf das Leben von Menschen auswirken.