Köpfe
Im Zentrum politischer Dramen
Gegen die Geschlechterdiktatur, für Evidenz inmitten von Hass und Hilfe für afghanische Forschende – drei Köpfe aus der Wissenschaft setzen politische Zeichen.
Die Politikwissenschaftlerin und Autorin Regula Stämpfli ist entsetzt über den neuen Demokratie-Leitfaden der Universität Bern und der Schweizer Demokratie Stiftung. Darin wird das bis 1971 fehlende Frauenstimmrecht in nur einem Satz erwähnt und schlicht als «Dilemma der Demokratie» bezeichnet. «Diese Broschüre ist der grösste Skandal im Jubiläumsjahr des Frauenstimmrechts », sagte Stämpfli in Der Bund. Der sogenannte Swiss Democracy Passport soll via EDA weltweit in den Schweizer Botschaften verteilt werden und am 10. Weltforum für direkte Demokratie im September 2022 in Luzern aufliegen. In ihrem Blog wird Stämpfli noch deutlicher: «Ein Staat ohne Frauenrechte ist keine Demokratie, sondern eine Geschlechterdiktatur.»
Tanja Stadler, Mathematikprofessorin an der ETH Zürich, ist seit August 2021 Präsidentin der Swiss National COVID-19 Science Task Force. Mit ihrem Team berechnet sie den mittlerweile allen bekannten R-Wert. Sie habe schon viel Hass geerntet und öffne Pakete ohne Absender nicht mehr, wie sie im St. Galler Tagblatt erzählte. Die Leitung der Taskforce hat sie in einer Zeit übernommen, in der die Meinungsverschiedenheiten rund um die Massnahmen wegen des Covid-Zertifikats einen neuen Höhepunkt erreichten. «Warum tun Sie sich das an?», fragte sie das Tagblatt. Stadler: «Die Pandemie ist nicht vorbei. Es braucht das evidenzbasierte Wissen weiterhin.»
Mathieu Crettenand ist Integrationsbeauftragter der Universität Genf. Seit die Taliban in Afghanistan die Macht zurückerobert haben, wollen viele Hochschulen afghanische Forschende unterstützen – darunter auch die Universität Genf. Diese hat gemäss Aussagen von Crettenand in Le Courrier beim Hauptsitz des Programms Scholars at Risk in New York und in den Netzwerken von Genfer Forschenden sondiert und zwei afghanische Forscher ausgewählt: einen Gesundheitsexperten sowie einen Geografen. Warum keine Frauen? «Es ist schade, dass wir in unseren Netzwerken keine fanden. Es gibt unter dem Taliban-Regime sicher nicht mehr viele von ihnen.»