Vergangenheitsaufarbeitung
Das schwere Erbe der Rassenforschung
Die britische wissenschaftliche Zeitschrift Nature setzt sich in einem grossen Beitrag mit seiner eigenen rassistischen Geschichte auseinander.
Der britische Naturforscher Francis Galton hat im 19. Jahrhundert unter anderem den Fingerabdruck als zuverlässige Identifizierungsmethode entdeckt. Er ist aber auch einer der Väter der Eugenik und vertrat die Ansicht, dass «die Menschheit durch selektive Züchtung der würdigsten, intelligentesten und begabtesten Menschen verbessert werden könne», wie es Nature beschreibt. Die Fachzeitschrift hat im Jahr 1904 einen Artikel publiziert, in dem Galton behauptete, er könne die «Verteilung von Erfolgen und natürlichen Fähigkeiten» in Familien der britischen Royal Society bewerten. Sein Fazit: «Es muss aussergewöhnlich begabte Familien geben, deren Rasse eine wertvolle Bereicherung für die Nation ist.»
Jetzt setzt sich die 1869 gegründete britische Fachzeitschrift in einem grossen Beitrag mit dieser Vergangenheit auseinander. Auch Herausgeber Richard Gregory, der Nature von 1919 bis 1939 leitete, habe Leitartikel mit «verwerflichen und rassistischen Ansichten» veröffentlicht, wie etwa jenen aus dem Jahr 1921, in dem er behauptete, dass «die hochzivilisierten Rassen Europas und Amerikas Jahrhunderte der Entwicklung hinter sich haben», im Gegensatz zu «weniger fortgeschrittenen Rassen». Nature räumt ein, mitverantwortlich zu sein für den «eugenischen Schatten» jener Zeit.
Viele Forschungsinstitutionen haben bis weit ins 20. Jahrhundert hinein rassistische Wissenschaft unterstützt. Auch in der Schweiz wurde Rassenforschung gefördert, dazu gehörte auch der SNF, wie der Historiker und Experte für das Thema Pascal Germann in der Zeitschrift Tangram sagte. Ein weiteres Beispiel ist das Institut für Anthropologie der Universität Zürich. Dessen Forscher vermassen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in europäischen Kolonien wie Deutsch-Neuguinea – oft in Begleitung von Soldaten – Körpergrösse, Schädelumfang oder Gesichtswinkel der Einheimischen. Eine demütigende Prozedur, wie Germann auf Swissinfo erklärte.