Junge Meinung
«Diejenigen mit sicheren Arbeitsplätzen müssen das Ihre tun»
Die Macht, an den Hochschulen etwas zu verändern, liegt bei den Professorinnen und Professoren. Die Doktorandin und Horizonte-Kolumnistin wünscht sich daher deren Hilfe.

Hannah Schoch engagiert sich unter anderem an der Universität Zürich für den Akademischen Nachwuchs. | Illustration: Stefan Vecsey
Uns vom Mittelbau wird oft empfohlen, wir sollen uns doch einfach noch etwas mehr für Verbesserungen einsetzen – zwischen befristeten Verträgen, Abschlussstress und Jobsuche. Uns wird gerne die Verantwortung für Veränderungen zugeschoben. Die tatsächliche Möglichkeit, etwas im Hochschulsystem zu bewirken, liegt aber fast ausschliesslich bei Professoren.
Damit Hochschulen zu einem positiven Arbeitsumfeld werden, sind wir entsprechend auf verbündete Professorinnen angewiesen. Viele aus dem Mittelbau setzen sich weit über ihre Kapazitätsgrenzen für Veränderungen ein. Unsere befristeten Verträge machen ein ehrenamtliches Engagement schwieriger. Alleinerziehenden bleibt zwischen Kindern, Forschung und Lehre sowieso kaum Zeit zum Atmen, und bei Nachwuchsforschenden aus Drittstaaten ohne Personenfreizügigkeit hängt sogar der Aufenthaltsstatus in der Schweiz von ihrer Betreuungsperson ab.
So sei hier explizit denjenigen Professorinnen gedankt, die diese Verantwortung wahrnehmen, die sich in die Debatten um Forschungskultur, Anstellungsbedingungen und Karrieremöglichkeiten einschalten, die sich für die Erfahrungen des Nachwuchses interessieren. Nur dank ihnen kommen wir voran. Diejenigen mit sicheren Arbeitsplätzen, unbefristeten Verträgen und gutem Einkommen müssen das Ihre tun. Sie haben nicht nur die richtigen Bedingungen dazu, sondern auch tatsächlich die Macht: Wenn Professoren, Dekaninnen oder Rektoren Veränderungen wollen, werden diese möglich, wie die Einführung von Lecturer-Stellen an der Universität Zürich oder auch die zügige Entwicklung hin zu Open Access zeigen.
Wichtig dafür sind Aufmerksamkeit statt Egozentrismus, Respekt statt Misstrauen gegenüber Angestellten. Nur so können wir die brillante Kollegin, die alleine zwei Kinder grosszieht, in der Forschung halten, können Nachwuchsforschende aus Drittstaaten bei Konflikten Lösungen finden, die nicht gleich ihre ganze Existenz bedrohen, kann unser Hochschulsystem zu einem Ort werden, an dem man gerne sein Bestes gibt – nicht nur aufgrund permanenten Leistungsdrucks.