TIERHALTUNG
Hühner haben Charakter
Eine Langzeitbeobachtung zeigt: Huhn ist nicht gleich Huhn. Das kann bei der Zucht von resilienten Nutztieren helfen.
Manche Tiere sind mutig und bewegungsfreudig, andere eher vorsichtig und inaktiv. Solche Persönlichkeitsmerkmale bleiben langfristig stabil, wie Forschende der Universität Bern bei Hühnern zeigten. Das Team um Michael Toscano stattete 194 Legehennen mit leichten Standorttrackern aus und verfolgte acht Monate lang fünf Verhaltensweisen der Tiere: Wahl des Schlafplatzes, Aufsuchen der Nester, Aufsuchen von Futter, Bewegungen im Stall und Nutzung des Auslaufs. Bei allen Punkten fanden sich persönlich gefärbte Unterschiede. «Manche Legehennen wechseln beispielsweise viel öfter zwischen den verschiedenen Etagen des Stalls als andere», sagt Toscano.
Die individuellen Verhalten blieben auch dann erhalten, wenn sich Bedingungen plötzlich änderten – etwa bei kalten Temperaturen und unmittelbar nach Impfungen. Langzeitstudien seien enorm wichtig, so Toscano. Denn ein Verhalten sei nur ein Persönlichkeitsmerkmal, wenn es stabil bleibe. «Eine mutige Henne ist immer mutiger als eine scheue.»
Manche Merkmale hingen eng zusammen: Hennen, die sich viel im Stall bewegten, nutzten auch häufiger den Auslauf und reagierten rascher, wenn es frisches Futter gab. Solche Kombinationen sind laut Toscano ein wichtiger Schritt, um robustere Legehennen zu züchten: Wenn man weiss, welche Merkmale verknüpft sind und wie sie mit dem Wohlbefinden zusammenhängen, kann man das für eine Selektion nützen. Genau dies tun die Berner Forschenden momentan in einem grossangelegten Projekt.