Muriel Riesen leitet die Zweigstelle Bern des BNF, das hauptsächlich vom Seco finanziert wird und zur Universität Bern gehört. | Foto: zVg

Sie haben einen Hochschulabschluss, aber keinen Job – vielleicht weil sie sich umorientieren wollen, ihr Master ausländisch ist oder ihnen nach dem Postdoc die relevante Arbeitserfahrung fehlt. Für diese Akademikerinnen und Akademiker bietet Muriel Riesen vom Nationalen Qualifizierungsprogramm BNF (das Kürzel steht für Beraten, Netzwerken, Fördern) Unterstützung an. Das können Beratungen, Kurse oder Projekte sein, die ähnlich wie Praktika funktionieren.

Muriel Riesen, wie lief Ihre Karriere, bevor Sie Beraterin beim BNF wurden?

Ursprünglich habe ich Umwelt- und Kulturpsychologie an der Universität Bern studiert. Nach dem Lizenziat war ich orientierungslos und meldete mich bei der Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV). Ich jobbte bei der Post und bin dadurch in eine kleine Firma für Unternehmungsberatungen gerutscht. Nach einer Stelle bei einem mit dem BNF vergleichbaren Förderprogramm trat ich vor elf Jahren die aktuelle Position an.

Sind Stellensuchende oft verzweifelt?

Gerade letzthin habe ich die hier gekauft (zeigt auf eine Taschentuchbox). Bei den Beratungen fliessen schon manchmal Tränen. Die Personen haben vielleicht schlechte Erfahrung beim letzten Arbeitgeber gemacht oder haben Mühe, einen Job zu finden, der ihren Wertvorstellungen entspricht. Andere haben ihre Stelle aus gesundheitlichen Gründen verloren.

«Viele wollen zwar die Rahmenbedingen von akademischen Karrieren nicht mehr akzeptieren, aber trotzdem in einer Festanstellung weiterforschen.»

Wie können Sie da helfen?

Mir fällt es im Gespräch meistens leicht, Zuversicht zu vermitteln. Ich weiss schliesslich, dass 70 bis 80 Prozent der Leute während oder kurz nach einer Betreuung bei uns eine Anstellung finden. Wir kennen den Arbeitsmarkt dank dem dauernden Austausch mit den Stellen­suchenden und den Projektpartnern sehr gut. Viele, die an unserem Programm teilnehmen, wollen zwar die Rahmenbedingen von akademischen Karrieren nicht mehr akzeptieren, aber trotzdem in einer Festanstellung weiterforschen. Solche Angebote sind natürlich rar.

Welche Fälle sind am schwersten zu vermitteln?

Diejenigen, die sich selbst als Opfer fühlen – zum Beispiel des vorherigen Arbeitgebers, des RAV oder des Arbeitsmarkts. Sie stecken in der Vergangenheit fest.

«Bei einer Person mit einer schwierigen Ausgangslage Erfolg zu haben, ist am Schönsten.»

Welche betreuen Sie am liebsten?

Nicht zwingend die Einfachsten. Bei einer Person mit einer schwierigen Ausgangslage Erfolg zu haben, ist am Schönsten. Zum Beispiel die erste dem Studium entsprechende Stelle nach einer Einwanderung zu finden. Am einfachsten zu beraten sind diejenigen, bei denen klar ist, was noch fehlt, etwa Projektmanagement-Kenntnisse, und dies in einem halben Jahr nachgeholt werden kann. Oder diejenigen, bei denen einfach ein Fünkchen Selbstvertrauen fehlt.

Wie kommt man zu einer Beratung von Ihrer Stelle?

Wer zu uns kommen darf, entscheidet das RAV. Zudem arbeiten wir mit dem Sozialdienst der Invalidenversicherung und Flüchtlingsorganisationen zusammen. Viele kennen das BNF nicht, weil wir keine Werbung machen.