In der Ozonschicht (orange) ist die Ozonkonzentration am höchsten. Sie absorbiert die ultraviolette Strahlung der Sonne, was auch die Temperaturen auf der Erde beeinflusst. | Grafik: Bodara

Die Ozonschicht absorbiert den Grossteil der gefährlichen ultravioletten Strahlung der Sonne und macht so Leben auf der Erdoberfläche überhaupt erst möglich. Das ist schon lange bekannt. Ein Team unter der Leitung von Gabriel Chiodo von der ETH Zürich hat kürzlich gezeigt, dass die Ozonschicht noch weitere Funktionen hat. Je nach Dicke verändert sich das globale Klima, mit Auswirkungen bis auf die Nordhalbkugel.

Ozon entsteht durch Wechselwirkungen zwischen Sauerstoffmolekülen und Sonnenstrahlung in der Stratosphäre – dem Teil der Atmosphäre, der sich in etwa 10 bis 50 Kilometern Höhe erstreckt. In den 1970er-Jahren begann die Ozonschicht im Bereich des antarktischen Pols stark zu schrumpfen. Verantwortlich waren industrielle Emissionen von Gasen wie Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die unter anderem in Kühlschränken und Spraydosen verwendet wurden.

Auch im Norden noch Abbau von Ozon

Auf der südlichen Hemisphäre begünstigen die Bedingungen dieses Phänomen noch zusätzlich: Über der Antarktis sind die Temperaturen so niedrig, dass sich während des langen Polarwinters Stratosphärenwolken bilden, die bis in den Frühling hinein bestehen können. «Wenn das Sonnenlicht in die Stratosphäre zurückkehrt, setzt es auf der Oberfläche dieser Wolken eine chemische Reaktion in Gang, bei der die chlorhaltigen FCKW-Moleküle zerfallen. Die dabei freigesetzten Chloratome zerstören die Ozonschicht», erklärt Gabriel Chiodo. Im Sommer ändern sich die Bedingungen, und der Ozonabbau kommt wieder zum Stillstand.

Im Norden kommt es wesentlich seltener zu diesem Phänomen. Wenn die arktische Stratosphäre aufgrund meteorologischer Schwankungen jedoch aussergewöhnlich kalt ist, entstehen auch dort polare Stratosphärenwolken. Dann kommt es auch in der nörd­lichen Hemisphäre zum Abbau des Ozons durch FCKW. «Wir haben deutliche Hinweise darauf, dass dies in den Jahren 1997, 2000, 2011 und 2020 geschehen ist», so der Forscher.

«Fest steht, dass wir dieses Warnsignal ernst nehmen müssen.»Gabriel Chiodo

Gabriel Chiodo modellierte mit seinem Team Wetterphänomene, wobei er auch Veränderungen des Ozons in der Stratosphäre ein­bezog. Damit zeigte er erstmals, wie sich Veränderungen der Ozonschichtdicke am Nordpol auf das Klima auswirken. Indem es die UV-Strahlung der Sonne absorbiert, erwärmt Ozon die Stratosphäre. Wenn es nun weniger Ozon gibt, kühlt sich die Stratosphäre ab. Dadurch werden die Winde und das Wetter in der Nähe der Erdoberfläche beeinflusst.

Laut Amy Butler, Forscherin an der National Oceanic and Atmospheric Administration in Colorado, könnte die Berücksichtigung der Ozonschichtschwankungen dazu beitragen, «dass wir besser einschätzen können, wie sich ein Anstieg von Treibhausgasen auf die meteo­rologischen Bedingungen auswirkt». Wirken sich Veränderungen der Ozonschicht eigentlich generell eher gut oder eher schlecht auf die Klima­erwärmung aus? «Das ist schwierig vorher­zusagen», meint Gabriel Chiodo. «Fest steht, dass wir dieses Warnsignal ernst nehmen müssen. Bisher war nicht bekannt, dass das Klima der Nordhalbkugel so stark von Ozonschwankungen beeinflusst wird, die auf FCKW-Emissionen zurückgehen.»

Unbedingt weiter schützen

Der Klimaforscher ist überzeugt, dass das Erkennen ­eines Problems der erste Schritt für Veränderungen ist, und hofft, dass diese Ergebnisse zu noch konsequenteren Massnahmen für die Erhaltung der Ozonschicht anregen. Ihr Abbau konnte inzwischen ja gestoppt werden, und sie soll sich laut Prognosen der Uno in rund vier Jahrzehnten weitgehend erholt haben.

Johannes Stähelin, emeritierter Professor am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich, bestätigt: «Diese Ergebnisse zeigen, dass wir die Ozonschicht weiter erforschen und schützen müssen. Das Montrealer Protokoll von 1987 zur Begrenzung der FCKW war ein guter Anfang. Es dauert jedoch Jahrzehnte, bis diese Verbindungen in der Atmosphäre abgebaut sind. Daher müssen sich alle unbedingt weiter an diese Vereinbarung halten.»