ANTIBIOTIKARESISTENZEN
Damit KMU Antibiotika entwickeln
Die Entwicklung neuer Antibiotika ist wenig rentabel und wird deshalb von den grossen Pharmaunternehmen vernachlässigt. Eine Finanzanalyse zeigt, wie KMU dabei unterstützt werden könnten.
Wenn ein Unternehmen ein Produkt entwickelt, besteht sein Ziel in der Regel darin, es in grossem Umfang zu vermarkten. Auf dem Antibiotikamarkt geht das nicht, denn jeder Einsatz der Medikamente trägt zum Risiko bei, dass sich resistente Bakterien bilden. Diese wiederum sind weltweit jährlich für mehr als eine Million Todesfälle verantwortlich. Ihre Anwendung sowie ihr Verkauf sollten also auf Fälle mit echtem Bedarf beschränkt werden.
Weil sich damit kaum Gewinne erwirtschaften lassen, haben sich die meisten grossen Pharmaunternehmen von der Entwicklung von Antibiotika abgewandt und das Feld den KMU überlassen. Für diese wiederum ist das Überleben ohne externe Finanzierung schwierig, vor allem in der Vermarktungsphase, in der ihr Liquiditätsbedarf steigt, ohne dass die Einnahmen die Ausgaben decken. Zu diesem Schluss ist ein Team des Hochschulinstituts für internationale Studien und Entwicklung (IHEID) in Genf gekommen.
Finanzexpertin Nadya Wells hat mit ihrer Gruppe den kommerziellen Misserfolg eines Antibiotikums analysiert. Es war zwischen 2004 und 2019 von einem US-amerikanischen KMU entwickelt worden. Durch den Zugang zu den Finanzberichten des Unternehmens konnte das Team die Schwierigkeiten erkennen: Den KMU fehlt im Allgemeinen eine langfristige finanzielle Sicherheit. Unterschiedliche Finanzierungsmodelle könnten dem entgegenwirken, etwa ein System mit regelmässigen Zahlungen, bei dem der Staat mit einem bestimmten Betrag für die Entwicklung eines neuen Antibiotikums aufkommt, unabhängig davon, wie viele Dosen später verwendet werden.
«Verschiedene Länder wie Grossbritannien, Schweden und Japan sind dabei, solche Massnahmen einzuführen, die das Vertrauen der Industrie und der Finanzinvestoren wiederherstellen könnten», so Wells. Bisher haben einzig die Forschenden des IHEID eine entsprechende Fallstudie veröffentlicht. Ob solche Anreize Früchte tragen, sollte mit Studien über andere KMU, die Antibiotika herstellen, geprüft werden.