JUNGE MEINUNG
«Forschung und Medizin haben unterschiedliche Mentalitäten»
Rita Sarkis betont, wie wichtig translationelle klinische Forschung ist und spricht über die die Herausforderungen dabei.
Vom Labor zum Patientenbett! Wenn man klinische Studien durchführt, ist es spannend, die Innovationen in der Praxis umzusetzen. Wir entwickeln zum Beispiel Algorithmen, die in den klinischen Alltag integriert werden und in der Pathologie helfen, Diagnosen anhand von Biopsien zu stellen. Das klingt fantastisch, ist in der Realität aber alles andere als einfach. Neben administrativen und ethischen Hürden besteht eine grosse Herausforderung darin, eine Brücke zwischen zwei Welten zu schlagen: Auf der einen Seite stehen experimentelle Forschende wie ich, auf der anderen medizinische Teams.
Es sind zwei unterschiedliche Mentalitäten, Vorgehensweisen und Sprachen. Wir in der Forschung denken horizontal, sind uns Zusammen- und Gruppenarbeit gewohnt. In der Medizin ist vieles vertikal organisiert: Das Berufsumfeld ist hierarchisch strukturiert und umfasst viel Fliessbandarbeit. Diese Kluft ist oft spürbar und führt zu Zeitverlust und Missverständnissen.
Der Schlüssel zum Erfolg besteht deshalb darin, zu verstehen, wie die andere Seite denkt und arbeitet. So entstehen Projekte. Den Ausgangspunkt bilden translationale Bedürfnisse, die dann experimentelle Kompetenzen erfordern. Aber gibt es immer ein Happy End? Oft spielen wir mit dem Gedanken, abzubrechen, weil es so viele Schwierigkeiten gibt, selbst nach einem vielversprechenden Anfang. Unser Vertrauen wird auf die Prüfung gestellt: Verlassen sich die anderen möglicherweise zu sehr auf uns? Bemüht sich auch die andere Seite, unseren Standpunkt, unser Denken und unser Handeln zu verstehen?
Manchmal scheint alles an den Forschenden hängenzubleiben. Dann ist es wichtig, das Projekt mit Selbstvertrauen, Geduld und Ausdauer zu erklären und zu verkaufen. Dafür müssen wir wirklich daran glauben. Nur so können wir Ärztinnen und Ärzte überzeugen, die kaum Zeit für Forschung haben. Gewisse Länder fördern diesen Austausch, indem sie systematisch geschützte Forschungszeit für die klinische Seite finanzieren. Das ist für mich der zweite Schlüssel zum Erfolg. Das mag nach einer Mission impossible klingen, doch mit Begeisterung für die Übersetzung in die Praxis ist alles möglich. Vielleicht sollten wir damit beginnen!