Standpunkt
«Sagen Sie, wozu genau KI im Redaktionsalltag eingesetzt wird!»
Richtlinien und Transparenz sind das Mass aller Dinge, wenn Künstliche Intelligenz in der Wissenschaftskommunikation eingesetzt wird. Das findet Kommunikationsexpertin Daniela Mahl.

Daniela Mahl untersucht am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich Wissenschaftskommunikation in der Ära künstlicher Intelligenz. | Foto: ZVG
KI-Werkzeuge wie Chat-GPT finden mehr und mehr Eingang in den journalistischen Arbeitsalltag. Daniela Mahl, die dazu forscht, wie sie in der Wissenschaftskommunikation eingesetzt werden, gibt der Horizonte-Redaktion eine Rückmeldung zu deren neuen Richtlinien. Horizonte schreibt nämlich neu im Impressum: «Die Texte in Horizonte sind nach journalistischen Standards geschrieben. KI kann in bestimmten Arbeitsschritten verwendet werden (zum Beispiel Recherchehilfe, Transkription), die Autorinnen verfassen die Texte aber selbst und bürgen für den Inhalt.»
Daniela Mahl, ergibt es für Sie Sinn, dass wir in unseren KI-Richtlinien auf die Verantwortung der Autorin fokussieren?
Ja, unbedingt. Glaubwürdigkeit ist und bleibt die wichtigste Voraussetzung im Journalismus, dazu braucht es eine verantwortliche Instanz.
Genügt das?
Die Redaktion macht bewusst, dass sie auf Transparenz setzt. Sie positioniert sich als verantwortungsvoll und offen im Umgang mit neuen Technologien. Es ist aber sehr wichtig, dass sie auch sagt, wozu genau und in welchem Umfang künstliche Intelligenz im Redaktionsalltag eingesetzt wird. Das bleibt, so wie Sie es jetzt schreiben, ein wenig vage. Es entsteht viel Spielraum für Interpretationen.
Wir sollen präziser aufzeigen, bei welchen Arbeitsschritten KI eingesetzt wird?
Ja. Das geht natürlich nicht bei jedem einzelnen Artikel. Aber Sie nutzen ja intern eine Checkliste für Ihre Autorinnen und Autoren, in der Sie schreiben, wozu KI eingesetzt werden soll und wozu nicht. Diese können Sie veröffentlichen, um noch mehr Transparenz zu schaffen.
Der Ratschlag ist notiert. Welche wichtigen Prinzipien gäbe es noch einzuhalten?
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert, dass in den Redaktionen Beauftragte bestimmt werden, die die Praxis des Einsatzes von KI mit den jeweils gültigen Regeln abgleichen.
Gibt es auch technische Anforderungen an KI für Journalismus?
Viele Tools sind intransparent dazu, woher ihre Daten stammen, wie ihre Algorithmen funktionieren. Es gibt aber auch offenere Systeme mit zugänglichem Code. Der Deutsche Journalisten-Verband schlägt vor, KI-Systeme für den journalistischen Bereich zu zertifizieren, etwa in Bezug auf Ausgewogenheit, Datenschutz und Sicherheit. Das könnte in Zusammenarbeit mit der Politik oder mit NGO geschehen.
Braucht es statt eines selbst verliehenen Gütesiegels – wie es Horizonte tut – eine Institution, die alle Medien kontrolliert?
Das Gütesiegel sehe ich mehr als einen Versuch, transparent zu sein. Übergeordnete Kontrollinstanzen, die kontinuierlich prüfen, wie und wofür KI organisationsintern in verschiedenen Medien eingesetzt wird, sind schwierig einzurichten. Das Beste, was Redaktionen – Stand jetzt – machen können: Richtlinien ausarbeiten und diese transparent kommunizieren. Und eine Kontrollinstanz innerhalb der Organisation einrichten.