MATERIALFORSCHUNG
Wie Wasser Stahlbeton angreift
Die Poren im Beton sind Hauptursache für die Korrosion der Stahlarmierung. Dank dieser Erkenntnis könnte Beton mit tieferem Energieverbrauch und geringeren Emissionen hergestellt werden.
Schon lange ist bekannt, dass die Korrosion von Stahl in porösen Medien wie Beton nur dann rasch abläuft, wenn ein bestimmtes Mass an Feuchtigkeit vorhanden ist. Jedoch schwankt der Feuchtezustand in diesen Materialien stetig. Der Einfluss dieser Dynamik auf die Korrosion fand bis anhin wenig Beachtung. Ein Team um Ueli Angst von der ETH Zürich konnte gemeinsam mit dem PSI erstmalig visualisieren, dass sich die Wasseraufnahme massgeblich auf die Korrosion der Stahlarmierung auswirkt.
Dafür haben die Forschenden ein Stück Mörtel mit Neutronen durchleuchtet, um den Weg des Wassers durch die Poren sichtbar zu machen. Zeitgleich verfolgten sie mittels elektrochemischer Messungen die Korrosion des darin eingebetteten Stahls und erkannten: Während die Korrosion im trockenen Mörtel vernachlässigbar ist, steigt diese genau in dem Moment, in dem das Wasser den Stahl berührt, auf eine in der Praxis relevante Geschwindigkeit von rund dreissig Mikrometern pro Jahr an. «Die Korrosion wird durch das eintretende Wasser regelrecht angeknipst», so Angst.
Diese Erkenntnisse könnten ein Schlüssel für umweltfreundlichere Herstellung von Beton sein. Bisher enthält dieser einen grossen Anteil an Zementklinker, der bei hohen Temperaturen gebrannt wird und dessen Produktion entsprechend energie- und emissionsintensiv ist. Dabei wird Kohlendioxid chemisch abgespalten, um das Material basisch zu machen, denn ein hoher pH-Wert gilt als Hauptfaktor für den Schutz vor Korrosion. «Unsere Resultate zeigen, dass der Stahl nicht zwingend korrodiert, auch wenn der pHWert niedriger ist», so Angst, «prekär wird es erst, wenn der Stahl auch noch nass wird.» Weitere Forschung zu Mikrostruktur und Wasseraufnahme könnte den Weg ebnen für emissionsarmen Beton mit reduziertem Anteil an Zementklinker.