KOLUMNE
Wie einen Wald sollte man die Forschung pflegen
Der SNF muss Projekte, Nachwuchsforschende und Hypothesen wie junge Bäumchen pflegen, meint Laura Bernardi, Vizepräsidentin des Nationalen Forschungsrats des SNF. Dafür sie hat eine To-Do-Liste erstellt.
Stellen Sie sich einen Sprössling am Waldrand vor. Er braucht die richtigen Nährstoffe und den Austausch mit seiner Umgebung, damit er gedeihen und selber zu einem Teil des Waldes werden kann. In unserem Fall ist die kleine Pflanze ein Projekt, eine junge Forscherin, eine Hypothese. Wie der Wald braucht auch das wissenschaftliche System Ressourcen und ein Netzwerk. Ich sehe die Rolle des SNF darin, exzellente Wissenschaft durch passende Praktiken und Strategien zu fördern.
Die wichtigsten vier Pfeiler sind dabei erstens: Die Ermöglichung einer exzellenten Wissenschaft durch ein transparentes und diversitätsbewusstes Evaluationssystem, immer nach Bedarf der einzelnen Disziplinen: Biologen brauchen eher Instrumente, Mathematikerinnen Zeit. Zweitens: Die Ermöglichung von risikoreichen Projekten, wie zum Beispiel die Erforschung der Jupitermonde, sowie breiter, kollaborativer Forschung zu drängenden gesellschaftlichen Themen wie Alterung.
Drittens: Die Förderung von jungen Forschenden durch ihre bessere Einbindung in die Forschungslandschaft, indem etwa Karrieren in der Verwaltung oder der Industrie ebenso anerkannt werden wie solche an Hochschulen. Viertens: Die Ermöglichung exzellenter Forschung durch die Verbreitung einer Kultur, die auf Gleichstellung, Open Access und kompetitive Evaluationsverfahren fokussiert, oder durch aktive Beteiligung an der Gestaltung der Forschungspolitik.
Eine weitere Rolle des SNF ist die einer Mitgestalterin des Waldes durch die Vernetzung von Forschenden und Forschungsgebieten über Grenzen hinweg. Der SNF als wichtigste kompetitive Förderorganisation der Schweiz muss dabei eine führende Rolle einnehmen.
Es geht um disziplinenbedingte Grenzen, die sich durch angepasste Bewertungskriterien reduzieren lassen. Um institutionelle Grenzen, die durch einen institutionsübergreifenden Dialog abgebaut werden. Um Grenzen zwischen Forschungssektoren, die man überwindet, wenn auch angewandte Forschung und nichtakademische Karrieren wertgeschätzt werden. Oder um politische Grenzen, die Instrumente für die Zusammenarbeit und die Mobilität der Forschenden sowie eine internationale Infrastruktur erfordern. Last, but not least, werden die Grenzen zwischen verschiedenen Wissensgebieten durch transdisziplinäre und Citizen- Science-Ansätze abgebaut.
Das vergangene und das kommende Jahr stehen für den SNF im Zeichen eines tiefgreifenden Wandels. Solange die Förderung und die Vernetzung gewährleistet sind, wird der Schweizer Wissenschaftswald weiterwachsen und gedeihen.