Ehrlich über das Multiversum reden
Viel zu wenig Frauen, gefährlicher Szientismus und immer mehr unlautere Journale: neueste Nachrichten zur Wissenschaftspolitik.
«Ist es wirklich so schwierig: Anstatt zu sagen ‘das Multiversum existiert’ etwas zu sagen wie ‘das Multiversum ist philosophisch reizvoll, aber sehr spekulativ und umstritten, und es gibt keine Beweise dafür’?»
Der britische Autor Jim Baggott befürchtet in seinem Essay im Magazin Aeon, dass die theoretischen Physiker einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen: Wissenschaft, die auf null empirischen Belegen basiert.
«Seit der Aufklärung definieren wir Identität und den Wert des Menschen vorwiegend aufgrund naturwissenschaftlicher Massstäbe, als ob Wissenschaft allein uns sagen könnte, wer wir sind.»
Der amerikanische Medizinhistoriker Nathaniel Comfort warnt in einem Essay in der Zeitschrift Nature vor Szientismus, der Ideologie gemäss der Naturwissenschaft die einzig richtige Art ist, die Welt zu verstehen.
Peer-Review für Preprints
BioRxiv, die Plattform für Preprints aus den Lebenswissenschaften, hat im Oktober 2019 ein Experiment gestartet: Ausgewählte Zeitschriften und unabhängige Peer-Review-Dienste können die publizierten Beiträge öffentlich bewerten, falls die Forschenden damit einverstanden sind. Ziel von «Transparent Review in Preprints» ist es, den Peer-Review-Prozess transparenter zu gestalten und den Autoren zu helfen, ihre Manuskripte zu verbessern, bevor sie diese bei wissenschaftlichen Fachzeitschriften einreichen.
Statistische Fallstricke
Wer einen wissenschaftlichen Beitrag mit statistischen Erhebungen verfasst oder einen solchen beurteilt, dem unterlaufen typischerweise zehn Fehler. Zwei Forschende der Neurowissenschaften haben sie in der Open-Access-Zeitschrift Elive zusammengestellt: Zum Beispiel fehlt eine angemessene Kontrollgruppe, es werden zu kleine Stichproben angeschaut oder es werden Analyse-Parameter nachträglich angepasst (p-hacking).
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Frauen haben 2019 einen der Nobelpreise der Naturwissenschaften erhalten. Von mehr als 600 wissenschaftlichen Nobelpreisen, die bisher vergeben wurden, gingen nur 20 an Frauen. Der Grund dafür liegt nicht allein darin, dass früher die Zahl der Forscherinnen deutlich tiefer war. Liselotte Jauffred vom Niels Bohr Institut hat dies 2018 basierend auf historischen Daten modelliert und sagt: «Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent besteht eine Voreingenommenheit gegenüber Frauen.»
12000
überstiegt mittlerweile die Zahl der unlauteren wissenschaftlichen Magazine (predatory journals) auf der schwarzen Liste der Firma Cabells. Vor weniger als einem Jahr waren es noch 10 000. Die Anzahl ist nun sogar dreimal so hoch wie bei der Eröffnung der Liste im Jahr 2017.