Förderpraxis
Die Quantität hält sich hartnäckig
Dass bei der Beurteilung von Forschung auf den individuellen Inhalt fokussiert wird, ist der Wunsch von Vielen. Doch Impact Factor und H-Factor bleiben verlockende Kriterien. Wo die Dora-Bewegung heute steht.
Wenn sich Forschende auf eine Professur oder um Fördergelder bewerben, dann zählt vor allem eines: Publikationen in prominenten Fachzeitschriften und viele Zitierungen, die praktisch in Impact Factor und H-Factor zusammengefasst sind. Das vereinfacht das Auswahlverfahren, hat aber gewichtige Nachteile: ein einseitiger Fokus auf Quantität und Publikationen. Dies ändern soll seit 2012 die San Francisco Declaration on Research Assessment (Dora). Bis Oktober 2020 haben rund 2050 Institutionen die Erklärung unterzeichnet, 713 davon allein im Jahr 2019. Auch auf Twitter hat Dora inzwischen 6000 Follower.
Trotzdem werden die Kriterien noch immer nicht automatisch eingehalten, wie sich etwa im Jahr 2019 an der ETH Zürich zeigte: Eine Postdoc-Stelle wurde für Bewerberinnen und Bewerber ausgeschrieben, die in Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor publiziert haben. Nachdem die Twitter-Gemeinschaft die Hochschule auf ihre Unterzeichnung von Dora hingewiesen hatte, änderte die Forschungsgruppe ihre Ausschreibung und entschuldigte sich.
Derweil versuchen Forschungsförderer mit Initiativen Druck zu machen. Die Niederländische Wissenschaftsorganisation (NWO) hat ihre Anforderungen an die Lebensläufe angepasst. Sie setzt auf eine narrative Struktur, verbannt den Impact Factor und bittet die Panelmitglieder, ihren Fokus breiter zu setzen.
Der Schweizerische Nationalfonds geht ähnlich vor. Er will den Impact Factor ausschliessen und mehr auf die Qualität fokussieren. Neben Publikationen sollen auch andere Leistungen zählen, wie die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, Patente oder Software. Der britische Wellcome Trust verlangt von den Institutionen der geförderten Forschenden ab Januar 2021 einen konkreten Plan, wie sie Dora umsetzen wollen.